Arztbesuch im Metaversum: Realität oder Science-Fiction?

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Prof. Dr. David Matusiewicz ist Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule, Dekan des Hochschulbereichs Gesundheit und Soziales und Direktor des zugehörigen Forschungsinstituts. Er ist Business Angel für Technologie-Startups im Gesundheitswesen und engagiert sich in Beiräten und Aufsichtsräten. Als Pionier der digitalen Gesundheitsversorgung arbeitet er aktuell an einem Buch über das Metaversum im Gesundheitsbereich und setzt sich mit der Frage auseinander, wie der Arztbesuch im Metaversum die Zukunft der Gesundheitsversorgung verändern könnte. Herzlich willkommen, Prof. Dr. David Matusiewicz.

Von Andrea Buzzi, Podcast-Host E-Health-Pioneers, 16. Februar 2023

 

Was ist das Metaversum?

Andrea Buzzi: David, wie würdest du deiner Mutter erklären, was das Metaversum ist?
Prof. Dr. David Matusiewicz: Das Metaversum ist eine digitale Umgebung, in der man sich wie in der realen Welt mit anderen Menschen treffen kann – nur eben virtuell. Stell es dir vor wie eine riesige, interaktive 3D-Welt, in der du dich bewegen, interagieren und sogar arbeiten kannst, ohne dein Zuhause zu verlassen. Es ist eine Weiterentwicklung des Internets, bei dem nicht mehr nur Texte oder Videos im Vordergrund stehen, sondern ein immersives Erlebnis. Man kann beispielsweise in einem virtuellen Raum mit anderen kommunizieren, als würde man in einem echten Raum stehen – nur visuell unterstützt durch Avatare.

Technologien im Metaversum und ihre Rolle in der Gesundheitsversorgung

Andrea Buzzi: Welche Technologien spielen im Metaversum eine Rolle und wie beeinflussen sie die Gesundheitsversorgung?
Prof. Dr. David Matusiewicz: Im Metaversum kommen verschiedene exponentielle Technologien zusammen. Das Herzstück bildet die virtuelle Realität (VR), die durch VR-Brillen ein immersives Erlebnis schafft. Hinzu kommen künstliche Intelligenz (KI), Blockchain-Technologien zur sicheren Datenverarbeitung und Robotik. Avatare werden im Gesundheitsbereich besonders interessant, weil sie für den Austausch zwischen Ärzten und Patienten eingesetzt werden können. Da es im Metaversum keine physischen Grenzen gibt, wird es möglich, komplexe Simulationen für Schulungen durchzuführen, Telemedizin auf ein neues Niveau zu heben und Diagnosen in Echtzeit zu stellen – und das alles unabhängig von geografischen Einschränkungen.

Einstieg in virtuelle Welten

Andrea Buzzi: Gibt es Berührungspunkte mit dem Metaversum, die wir heute schon im Alltag nutzen?
Prof. Dr. David Matusiewicz: Absolut. Die meisten Menschen haben vielleicht noch nicht direkt vom Metaversum gehört, aber viele nutzen bereits Technologien, die darauf hinarbeiten. Ob VR-gestützte medizinische Konferenzen oder Simulationen zur chirurgischen Ausbildung – die virtuellen Welten nehmen zunehmend Raum im Alltag von Fachkräften im Gesundheitswesen ein. Ich selbst bewege mich schon seit einigen Jahren in virtuellen Räumen, um beispielsweise an Veranstaltungen teilzunehmen oder Vorträge zu halten. Es ist beeindruckend, wie realistisch die Erlebnisse werden, vor allem durch die rasante Weiterentwicklung von VR-Technologien. Für mich gehört das schon fast zum beruflichen Alltag.

Ärztliche Beratung im Metaversum: Ist die Zukunft der Telemedizin bereits angekommen?

Andrea Buzzi: Können Patienten und Ärzte heute bereits im Metaversum interagieren?
Prof. Dr. David Matusiewicz: Ja, und das wird in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen. Einige Krankenkassen, wie die BKK PFALZ, setzen bereits auf Video-Avatare für den Austausch zwischen Arzt und Patient. Patienten können sich als Avatar in eine digitale Praxis begeben und dort entweder mit einem live zugeschalteten Arzt oder einer KI-basierten Beratung interagieren. Der große Vorteil liegt in der Flexibilität und Effizienz: keine langen Wartezeiten, eine 24/7-Verfügbarkeit und Zugang zu ärztlichen Beratungen, auch in Regionen, wo es sonst nur wenige Ärzte gibt. Das Metaversum ermöglicht eine deutlich barrierefreiere Versorgung, die wir in der realen Welt nicht immer garantieren können.

Die Zukunft: Arztbesuch im Metaversum

Andrea Buzzi: Wann wird das Metaversum deiner Meinung nach Teil des Alltags in der Gesundheitsversorgung?
Prof. Dr. David Matusiewicz: Die Technologien sind schon heute verfügbar, aber sie sind noch nicht in der breiten Masse angekommen. In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden wir jedoch erleben, dass besonders technikaffine Ärztinnen und Patient:innen einen Arztbesuch im Metaversum verstärkt nutzen. Es ist ein Generationenwechsel, der uns bevorsteht. Die jungen Mediziner von heute wachsen mit digitalen Tools auf und werden diese selbstverständlich in ihre tägliche Praxis integrieren. Der Durchbruch wird wahrscheinlich durch andere Branchen wie Gaming oder die IT beschleunigt – diese entwickeln die zugrundeliegenden Technologien weiter, und das Gesundheitswesen wird davon profitieren.

Datensicherheit und Transparenz

Andrea Buzzi: Viele Menschen haben Bedenken, was den Schutz ihrer Gesundheitsdaten im Metaversum angeht. Sind diese Ängste berechtigt?
Prof. Dr. David Matusiewicz: Diese Ängste sind verständlich, aber oft unbegründet. Die Sicherheit von Gesundheitsdaten wird in Deutschland und Europa sehr streng reguliert, und diese Standards werden auch im Metaversum gelten. Das Besondere an unserem solidarischen Gesundheitssystem ist, dass keine Diskriminierung aufgrund von Gesundheitsdaten möglich ist. Das bedeutet, dass Patienten keine Nachteile befürchten müssen, nur weil ihre Daten digital verarbeitet werden. Wichtig ist, dass wir den Fokus auf die Vorteile legen: Die Digitalisierung ermöglicht eine schnellere und bessere Versorgung, die oft lebensrettend sein kann.

Fachkräftemangel durch Digitalisierung lösen

Andrea Buzzi: Kann das Metaversum auch helfen, den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen zu lindern?
Prof. Dr. David Matusiewicz: Definitiv. Durch die Digitalisierung können Routineaufgaben automatisiert werden, sodass das medizinische Personal mehr Zeit für die wirklich wichtigen, menschlichen Aspekte der Patientenversorgung hat. Bagatellfälle oder standardisierte Beratungen lassen sich über virtuelle Konsultationen abwickeln. Das bedeutet, dass die Ärzte und Pflegekräfte, die wir haben, effizienter arbeiten können, weil sie sich auf die komplexeren Fälle konzentrieren können. Das Metaversum ermöglicht auch neue Schulungsmöglichkeiten für medizinisches Personal, sodass die Ausbildung effizienter und praxisnäher gestaltet wird. Insgesamt wird die Digitalisierung dazu beitragen, die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen und die Gesundheitsversorgung kostengünstiger und zugänglicher zu gestalten.

Fazit und Ausblick

Andrea Buzzi: Vielen Dank, David, für diesen faszinierenden Einblick in das Metaversum und die Zukunft der Gesundheitsversorgung. Die Möglichkeiten klingen fast grenzenlos, und es bleibt spannend, wie diese Technologien sich weiterentwickeln und unseren Alltag beeinflussen werden.
Prof. Dr. David Matusiewicz: Danke dir, Andrea. Es ist wirklich eine aufregende Zeit, und ich freue mich darauf, diese Entwicklung weiter zu begleiten. Die Zukunft der Gesundheitsversorgung wird digital und virtuell sein, und ich bin sicher, dass das Metaversum dabei eine zentrale Rolle spielen wird.

 

Anmerkung der Redaktion: Dieses Interview beruht auf dem Podcast-Interview #81: Arztbesuch im Metaversum vom , produziert von der PR-Agentur The Medical Network.