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10 DINGE, DIE SIE ÜBER DIGITALE GESUNDHEITSANWENDUNGEN (DiGA) UND PFLEGEANWENDUNGEN (DiPA) WISSEN SOLLTEN

Diese Faktenseite ist ein Service für alle Journalist:innen und Personen, die an E-Health interessiert sind. Das Expert:innenteam von The Medical Network hat die am häufigsten gegoogelten, wichtigsten und kontroversesten Fragestellungen zusammengetragen und liefert dazu Erläuterungen, Hintergründe, Links und Zahlen. Durch regelmäßige Aktualisierungen stellen wir sicher, dass sich die Informationen stets auf dem neuesten Stand befinden. (Aktueller Stand: 09/2023)

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1. Zahlen & Fakten: Wie viele DiGA/DiPA gibt es und wie oft wurden sie bislang erstattet?

DiGA: Aktuell sind im DiGA-Verzeichnis des BfArM 48 DiGA gelistet, davon 21 dauerhaft und 27 vorläufig. Sechs DiGA wurden seit der Veröffentlichung des Verzeichnisses im Oktober 2020 aus der Liste gestrichen. Die Erstattungszahlen der Freischaltcodes sind zuletzt gestiegen: Im ersten Halbjahr 2023 lösten Versicherte deutlich mehr Codes ein als im Vorjahreszeitraum. Allein bei den Krankenkassen AOK, TK, Barmer, DAK und IKK Classic waren es rund 71.330 Freischaltcodes.
DiPA: Aktuell existiert noch kein DiPA-Verzeichnis. Das BfArM hat ein DiPA-Antragsportal sowie einen Leitfaden veröffentlicht, mit dem Hersteller eine Einreichung ihres Pflegetools planen können.

2. Verschreibung & Erstattung: Wer darf DiGA/DiPA verschreiben? Werden DiGA/DiPA nur auf Rezept erstattet?

DiGA: DiGA dürfen von allen approbierten Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen verschrieben werden. Voraussetzung für die Verschreibung ist, dass die DiGA für die gestellte Diagnose zugelassen ist. Zusätzlich zur Verschreibung durch Ärzt:innen können DiGA auch von gesetzlichen und privaten Krankenkassen ohne Rezept erstattet werden – Patient:innen müssen dafür einen Antrag bei ihrer Versicherung stellen.
DiPA: Die Erstattung von Kosten für DiPA erfolgt auf einen Antrag bei der Pflegekasse. Ein Rezept ist nicht notwendig – lediglich, dass ein Pflegegrad festgestellt wurde und die DiPA im Verzeichnis des BfArM gelistet ist. Dieses Verzeichnis existiert allerdings noch nicht.

3. Kosten: Wie kommt der Preis für DiGA/DiPA zustande? Sind digitale Anwendungen immer sehr teuer?

DiGA: Das Digital-Gesetz (DigiG) sieht vor, dass die Preisgestaltung einer DiGA zukünftig an Erfolgskriterien geknüpft ist. Welche Kriterien ausschlaggebend sein werden, wird spätestens bei Inkrafttreten des Gesetzes im Februar 2024 klar sein. Zudem sieht das DigiG vor, dass DiGA ihren therapeutischen Effekt messen. Die Messergebnisse – etwa die Nutzungshäufigkeit – müssen anschließend an das BfArM gemeldet werden, welche die anonymisierten Daten in das DiGA-Verzeichnis einfließen lässt. So möchte das BfArM einen (Zitat) “transparenten Qualitätswettbewerb” etablieren. Derzeit kommen die Preise für dauerhaft gelistete DiGA durch einen Vergütungsvertrag zustande, den der GKV Spitzenverband gemeinsam mit dem Herstellerunternehmen beschließt. Der Vertrag ist anschließend für alle Krankenkassen verpflichtend.

DiPA: Die Erstattung von DiPA ist nur bis zu einer Höhe von 50 Euro monatlich möglich. Daher erwarten Branchen-Expert:innen, dass die meisten DiPA dementsprechend auch 50 Euro monatlich kosten werden.

4. Preisverhandlungen bei DiGA: Wie funktionieren sie und was passiert, wenn sie scheitern?

Im ersten Jahr nach Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis dürfen die Hersteller den Preis selbst festlegen – wie bei allen Arzneimitteln, die neu eingeführt werden. Nach dem ersten Jahr folgte eine Preisverhandlung mit dem GKV-Spitzenverband. Sollten die Parteien zu keiner Einigung kommen, legt eine Schiedsstelle den endgültigen Preis fest.

5. Wirksamkeit/Evidenz: Ist die Wirksamkeit von DiGA/DiPA durch Studien wissenschaftlich belegt? Wann müssen Hersteller die sogenannte Evidenz-Studie vorlegen?

DiGA: Für die vorläufige Listung einer App als DiGA muss der Hersteller zunächst keinen Nachweis für die Wirksamkeit erbringen. Für eine dauerhafte Aufnahme muss hingegen der medizinische Nutzen nachgewiesen werden. Dafür ist eine Studie notwendig, die zum einen in Deutschland durchgeführt werden muss und zum anderen ausschließlich eine fest definierte Patient:innengruppe umfasst. Die Erstattungsfähigkeit bezieht sich dann auch ausschließlich auf diese Patient:innengruppe bzw. die Erkrankung/Symptomatik, die diese Patient:innen aufweisen. Die Studie muss wissenschaftliche Standards erfüllen und in einem öffentlichen Studienregister registriert werden. Das Studienregister muss ein Primärregister oder ein Partnerregister der International Clinical Trials Registry Platform der World Health Organisation (WHO) sein. Damit werden die Qualität und die Vergleichbarkeit der erhobenen Angaben sichergestellt. Die WHO führt die Informationen zusammen und macht sie weltweit an zentraler Stelle zugänglich. Das anerkannte Primärregister für Deutschland ist das Deutsche Register klinischer Studien (DRKS) beim BfArM.
DiPA: Die Hersteller einer digitalen Pflegeanwendung müssen bereits dann einen Nutzennachweis erbringen, wenn sie den Antrag zur Aufnahme in das DiPA-Verzeichnis stellen. Diese Studie soll den pflegerischen Nutzen des eigenen Tools genauso umfassen wie ggf. alle Unterstützungsleistungen, die Dritte erbringen und die über das Tool zugänglich sind. Auch muss die Nutzer:innengruppe bereits bei der Antragsstellung festgelegt sein.

Grafik bfarm Fast Track DiGA
Ablauf des Fast-Track-Verfahrens. Quelle: BfArM.

6. Cybersecurity & Datenschutz: Wie sicher sind DiGA/DiPA?

DiGA und DiPA müssen zunächst einmal der europäischen Datenschutz-Grundverordnung entsprechen. Zusätzlich gelten für sie erweiterte Anforderungen, deren Einhaltung durch ein eigens entwickeltes Datenschutzzertifikat nachgewiesen werden muss. Das Zertifikat basiert auf Vorgaben des BfArM und erfordert eine Prüfung und Auditierung durch eine BfArM-akkreditierte Stelle. Dieser Nachweis muss vorliegen, wenn DiGA- bzw. DiPA-Hersteller die Aufnahme in das jeweilige Verzeichnis beantragen.

7. Vorläufig vs. permanent: Warum sind manche Anwendungen nur vorläufig ins Verzeichnis aufgenommen und andere dauerhaft?

Durch die vorläufige Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis haben Hersteller die Möglichkeit, ihre Anwendung bereits dann zu vertreiben, wenn – in der Regel aus Kostengründen – noch keine Evidenzstudie zur Wirksamkeit durchgeführt werden konnte. Die Studie muss dann innerhalb eines Jahres durchgeführt und beim BfArM eingereicht werden. Anschließend kann das BfArM die DiGA dauerhaft aufnehmen. Mit einer vorliegenden Studie können Hersteller auch direkt eine permanente Aufnahme beantragen.   

8. Download & Freischaltung: Wie kriege ich eine DiGA auf mein Smartphone?

DiGA sind in den gängigen App-Stores zum Download verfügbar. Nachdem ein:e Ärzt:in die DiGA verordnet und die Krankenkasse den Freischaltcode zugestellt hat, können Patient:innen die DiGA vollumfänglich nutzen. Einige Hersteller bieten auch zeitlich beschränkte Testzugänge an. Es gibt allerdings auch DiGA, die browserbasiert funktionieren. Sie lassen sich nicht herunterladen, sondern sind über einen Link zu erreichen.

9. International: Gibt es DiGA/DiPA nur in Deutschland?

In Frankreich und in Belgien sind digitale Medizinprodukte bereits erstattungsfähig. In Belgien durchlaufen entsprechende Tools bereits seit April 2022 ein dreistufiges Zulassungsverfahren, um anschließend von den Krankenkassen übernommen zu werden. Frankreich hat im Mai 2023 ein Fast-Track-Verfahren namens PECAN eingeführt, dass der deutschen DiGA-Zulassung ähnelt. Seit Mitte 2023 plant auch Österreich, ein DiGA-System zu etablieren.

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Quellen und weiterführende Links:

DiGA Verzeichnis: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis
Zahlen DiGA-Anträge und Zertifizierungen: https://www.vfa.de/de/wirtschaft-politik/pharma-digital/diga-watchlist

Antragsportal DiGA und DiPA: https://antrag.bfarm.de/de

DiGA Preisvorgaben laut DigiG-Entwurf: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/D/DigiG_RefE.pdf

DiGA Preisverhandlungen mit dem GKV Spitzenverband: https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/fokus/fokus_diga.jsp

Evidenznachweis DiPA: https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Medizinprodukte/DiPA_Leitfaden.html?nn=1261776

DiGA & DiPA Datenschutz: https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Aufgaben/DiGA-und-DiPA/Datenschutzkriterien/_node.html

Zahlen DiGA Verordnungen: https://www.handelsblatt.com/inside/digital_health/diga-markt-fuer-digitale-gesundheitsanwendungen-waechst-weiter/29255950.html#%3A%7E%3[…]immt%20zu
DiPA Leitfaden: https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Medizinprodukte/DiPA_Leitfaden.html?nn=1261776

DiGA in Belgien: https://dsv-europa.de/de/news/2022/04/belgien-erstattet-digitale-gesundheitsanwendung-diga.html

DiGA in Frankreich: https://www.handelsblatt.com/inside/digital_health/gesundheitsapps-neuer-markt-fuer-deutsche-firmen-wie-attraktiv-ist-die-franzoesische-diga/29136588.html

DiGA in Österreich: https://www.brainwave-hub.de/blog-special/diga-goes-osterreich

„E-Health Pioneers“ Podcast-Folgen zum Thema DiGA/DiPA:

#62: Nach DiGAs müssen DiPAs kommen!
#61: DiPA Update mit Tobias Krick
#60: Die Geheimnisse einer DiGA-Macherin
#51: Neues DiGA Infoportal für Hausärzte gestartet
#41: DiGA-Spezial Folge 3
#40: DiGA-Spezial Folge 2
#39: DiGA-Spezial Folge 1