5 Health-Startups im PR-Check

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Oliver Struckmeier ist Geschäftsführer von The Medical Network und Experte für strategische PR und Kommunikation im Digital-Health-Bereich. Gemeinsam mit Andrea Buzzi analysiert er im die PR-Potenziale von fünf innovativen Health-Startups: Adon Health, Exakt Health, Kranus Health, Lillian Care und Nui Care.

Von Andrea Buzzi, Podcast-Host E-Health-Pioneers, 17. Oktober 2024

Andrea Buzzi: Oliver, das Magazin Deutsche Startups hat im August 2024 fünf Health-Startups vorgestellt. Was war dein erster Gedanke, als du diese Liste gesehen hast?

Oliver Struckmeier: Ehrlich gesagt, ich war nicht sicher, ob ich mich schämen müsste oder ob etwas nicht stimmt – ich kannte nicht alle dieser Startups. Das zeigt, dass unsere Wahrnehmung manchmal eine ganz andere ist. Aber genau deshalb fand ich es spannend, diese Startups aus PR-Sicht mal genauer anzuschauen.

 

Adon Health: Männergesundheit im Fokus

Andrea Buzzi: Lass uns mit Adon Health anfangen. Dieses Startup richtet sich an Männer über 40, die möglicherweise unter Testosteronmangel leiden. Sie bieten einen Selbsttest, telemedizinische Beratung und die Verschreibung eines Testosterongels an. Wie würdest du das Modell bewerten?

Oliver Struckmeier: Ich finde es ziemlich smart, verschiedene Leistungen zu kombinieren – Telemedizin, Labordiagnostik und klare Ergebnisse für den Patienten. Es handelt sich um ein Selbstzahlermodell, was in Deutschland immer so eine Sache ist. Aber positiv ist, dass es ein eher stigmatisiertes Thema betrifft, und viele Männer mögen es vielleicht, dieses Thema diskret online anzugehen.

Andrea Buzzi: Genau, ich finde das auch spannend. Und jetzt, wo ich dich höre, denke ich: Das könnte eigentlich auch für Frauen funktionieren, die sich unsicher sind, ob sie in den Wechseljahren Hormone nehmen sollten. Nicht jeder Gynäkologe ist ja ein Experte für Hormonsubstitution. Hast du dir die Preise angesehen?

Oliver Struckmeier: Ja, die Preise liegen bei etwa 90 Euro für den Test und 170 Euro für das Komplettpaket mit telemedizinischer Beratung. Es ist also kein günstiges Angebot, aber für Männer, die ein diskretes und umfassendes Gesundheitsangebot suchen, könnte das attraktiv sein.

Andrea Buzzi: Wie schätzt du die Außendarstellung von Adon Health ein?

Oliver Struckmeier: Die Website ist sehr ansprechend und aufgeräumt. Sie wirkt fachlich fundiert und vermittelt Vertrauen. Allerdings fehlt es an PR-Grundlagen: Es gibt keine Pressemappe, keinen expliziten Pressekontakt, und die Kommunikation ist noch nicht wirklich breit aufgestellt. Hier gibt es definitiv Chancen, um das Unternehmen medial besser zu positionieren.

 

Exakt Health: Neue Wege bei Sportverletzungen

Andrea Buzzi: Kommen wir zu Exakt Health, einem Startup, das eine App zur Selbstdiagnose von Sportverletzungen und personalisierte Rehabilitationspläne anbietet. Wie findest du das Geschäftsmodell?

Oliver Struckmeier: Grundsätzlich finde ich das Modell sehr interessant, gerade für ambitionierte Freizeitsportler. Sie haben einen klar umrissenen Markt, der von kleineren und größeren Sportverletzungen regelmäßig betroffen ist. Aber ich frage mich, wie genau die Selbstdiagnose funktioniert, vor allem bei komplizierteren Verletzungen.

Andrea Buzzi: Genau das dachte ich auch. Wenn ich an Knieverletzungen oder komplizierte Sprunggelenksverletzungen denke, frage ich mich, wie zuverlässig eine Selbstdiagnose per App sein kann.

Oliver Struckmeier: Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Hier müssten sie die medizinische Evidenz stärker hervorheben und mögliche Zweifel an der Genauigkeit der Diagnose von Anfang an adressieren. Die Website wirkt außerdem etwas generisch und könnte gezielter auf die Lebenswelt von ambitionierten Sportlern abgestimmt sein.

Andrea Buzzi: Was würdest du PR-seitig empfehlen?

Oliver Struckmeier: Exakt Health könnte deutlich mehr tun, um ihre Marke zu etablieren. Es fehlen Presseunterlagen und es gibt wenig Kommunikation in den Medien. Kooperationen mit Lauf-Communities oder Sportmedien wären eine gute Möglichkeit, mehr Sichtbarkeit zu schaffen.

 

Kranus Health: Vorreiter in der urologischen Versorgung

Andrea Buzzi: Kranus Health hat sich als Plattform für urologische Versorgung etabliert, insbesondere mit der DIGA Kranus Edera gegen Erektionsstörungen. Sie haben sich jetzt auch auf Blasenentleerungsstörungen bei Männern und Frauen ausgeweitet. Was denkst du über diese Entwicklung?

Oliver Struckmeier: Kranus Health ist ein tolles Beispiel dafür, wie man in der digitalen Gesundheitsbranche erfolgreich wachsen kann. Sie waren einer der ersten Anbieter mit einer DIGA für Erektionsstörungen und haben sich schnell einen Namen gemacht. Jetzt erweitern sie ihr Angebot auf Blasenprobleme und bewegen sich von einem sehr spezifischen Männerproblem hin zu einer umfassenderen urologischen Versorgung.

Andrea Buzzi: Ihre Vertriebsstrategie über Kooperationen mit Pharmaunternehmen scheint auch clever zu sein, um ihre Reichweite zu erhöhen.

Oliver Struckmeier: Absolut. Das ist eine sehr smarte Vertriebsstrategie, um näher an die verschreibenden Ärzte heranzukommen. Kranus Health hat auch in der PR sehr viel richtig gemacht – sie haben Pressematerialien, fundierte wissenschaftliche Nachweise und nutzen Medienanlässe sehr geschickt, um ihre Sichtbarkeit zu erhöhen.

Andrea Buzzi: Denkst du, sie haben es geschafft, sich als umfassende urologische Plattform zu positionieren?

Oliver Struckmeier: Ich denke, sie sind auf einem guten Weg. Die Website ist klar strukturiert und vermittelt Vertrauen. Es wird spannend zu sehen, wie sie ihre Kommunikationsstrategie weiterentwickeln, um auch Frauen gezielt anzusprechen.

 

Lilian Care: Hausarztversorgung im ländlichen Raum

Andrea Buzzi: Lilian Care ist eines meiner Lieblingsprojekte. Sie bieten eine digitale Lösung für die Unterversorgung im hausärztlichen Bereich in ländlichen Regionen. Wie siehst du das Konzept?

Oliver Struckmeier: Ich finde, Lilian Care adressiert eines der drängendsten Probleme im Gesundheitswesen – die Unterversorgung mit Hausärzten auf dem Land. Sie ermöglichen es jungen Ärzten, eine Praxis zu übernehmen, ohne das finanzielle Risiko, das normalerweise mit einer eigenen Praxis verbunden ist.

Andrea Buzzi: Genau, und sie bieten eine schlüsselfertige Praxisinfrastruktur, sodass sich die Ärzte auf die Patienten konzentrieren können. Das ist doch ein geniales Konzept, oder?

Oliver Struckmeier: Definitiv. Gerade für junge Mediziner, die nicht das Risiko einer eigenen Praxis eingehen möchten, ist das eine attraktive Lösung. Das Modell könnte langfristig helfen, den Ärztemangel in ländlichen Gebieten zu bekämpfen.

Andrea Buzzi: Wie siehst du die mediale Sichtbarkeit von Lilian Care?

Oliver Struckmeier: Lilian Care hat bereits eine gute mediale Präsenz, aber ich sehe noch Potenzial. Sie könnten zum Beispiel eine Meta-Studie zur hausärztlichen Unterversorgung in ländlichen Gebieten veröffentlichen und sich so als Vordenker in diesem Bereich positionieren. Ein „Unterversorgungsatlas“ für Deutschland könnte ein spannender PR-Ansatz sein.

 

Nui Care: Unterstützung für pflegende Angehörige

Andrea Buzzi: Zuletzt haben wir noch Nui Care, ein Unternehmen, das pflegende Angehörige durch eine App unterstützt. Du kennst das Unternehmen ja besonders gut.

Oliver Struckmeier: Ja, wir haben Nui Care bereits bei der PR unterstützt. Es ist ein tolles Produkt, das pflegenden Angehörigen wirklich hilft, den Alltag zu bewältigen. Gerade in unserem Alter sprechen viele über die Pflege von Eltern, und Nui Care bietet hier eine unverzichtbare Lösung.

Andrea Buzzi: Genau, und ich empfehle die App oft in meinem Freundeskreis, wenn es um die Pflege von Angehörigen geht. Sie hilft, das Ganze etwas strukturierter und weniger überwältigend zu gestalten.

Oliver Struckmeier: Absolut. Nui Care ist ein gutes Beispiel dafür, wie man eine Nische im Gesundheitsmarkt erfolgreich besetzen kann. Sie sind bereits gut positioniert, aber es gibt sicherlich noch Raum, die Kommunikation zu verstärken, um eine noch breitere Zielgruppe zu erreichen.

 

Fazit: PR als entscheidender Erfolgsfaktor

Andrea Buzzi: Oliver, wir haben jetzt fünf spannende Health-Startups analysiert. Was ist dein Favorit?

Oliver Struckmeier: Für mich ist es Lilian Care. Sie gehen ein riesiges Problem an und bieten eine smarte Lösung, die sowohl für Ärzte als auch für Patienten einen echten Mehrwert bietet. Das Modell hat das Potenzial, nachhaltig etwas zu verändern.

Andrea Buzzi: Ich stimme dir zu, aber mein Favorit ist Adon Health. Sie haben ein sehr klares Geschäftsmodell und sprechen ein relevantes, oft übersehenes Thema an – Männergesundheit. Ich bin gespannt, wie sie weiter wachsen.

Oliver Struckmeier: Beide sind auf jeden Fall sehr spannend. Was wir bei allen gesehen haben, ist, dass eine starke PR-Strategie entscheidend ist, um erfolgreich zu sein. Innovation allein reicht nicht – man muss auch gehört werden.

Andrea Buzzi: Genau. Eine gute Idee muss richtig kommuniziert werden. Und dafür sind wir da. Oliver, es war ein tolles Gespräch. Vielen Dank für deine Insights!

Oliver Struckmeier: Vielen Dank, Andrea. Hat großen Spaß gemacht.

 

Anmerkung der Redaktion: Dieses Interview beruht auf dem Podcast-Interview #113: 5 Health-Startups im PR-Check vom 17. Oktober 2024, produziert von der PR-Agentur The Medical Network.