Avelios Medical: Wie ein KIS der nächsten Generation Kliniken digital transformiert
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Christian Albrecht ist CEO und Mitgründer von Avelios Medical, einem HealthTech-Startup aus München. Der Wirtschaftswissenschaftler bringt Erfahrung aus der Unternehmensberatung (McKinsey) und der Medienbranche (ProSiebenSat.1) mit. Heute leitet er eines der ambitioniertesten Digital Health Unternehmen Deutschlands. Gemeinsam mit seinem Team hat er ein modernes Krankenhausinformationssystem (KIS 2.0) entwickelt – modular, interoperabel und KI-basiert.
Von Andrea Buzzi, Podcast-Host E-Health-Pioneers, 24. April 2025
Warum braucht es ein „KIS 2.0“?
Andrea Buzzi: Du bist ja der Manager in eurem Gründertrio. Wie bist du im E-Health-Zirkus gelandet?
Christian Albrecht: Ursprünglich komme ich nicht aus dem Gesundheitswesen, habe aber schon bei McKinsey erste Berührungspunkte mit dem Sektor gehabt. Später hat mich Nicolas Jakob, einer meiner Mitgründer, in das KI-Forschungsprojekt mit Dr. Sebastian Krammer hineingeholt. Aus diesem Projekt ist dann Avelios entstanden – mit dem Ziel, echte digitale Innovationen in die Kliniken zu bringen.
Andrea Buzzi: Warum braucht es ein KIS 2.0 – und was macht Avelios zum KIS der Zukunft?
Christian Albrecht: Unsere Motivation basiert auf drei zentralen Schwächen heutiger Systeme: Erstens wurden sie vor 20 bis 30 Jahren als reine Abrechnungssysteme konzipiert – die medizinische Dokumentation war nur Beiwerk. Zweitens basieren sie auf monolithischer Softwarearchitektur, die kaum erweiterbar oder interoperabel ist. Und drittens: Die Daten liegen fast ausschließlich unstrukturiert vor – oft als Freitext oder PDF. Damit sind sie für KI oder Forschung nahezu unbrauchbar. Wir haben deshalb auf der sprichwörtlichen „grünen Wiese“ neu angefangen – und ein System geschaffen, das medizinische Prozesse digital, strukturiert und modular abbildet.
Effizientere Abläufe dank intelligenter Workflow-Engine
Andrea Buzzi: Du sprichst bei Avelios von einer „Workflow Engine“. Was genau ist das – und wie verbessert sie die Versorgung?
Christian Albrecht: Die Workflow Engine hört quasi zu, was im System passiert – und kann automatisiert Prozesse anstoßen. Wenn etwa in der Anamnese bestimmte Symptome dokumentiert werden, werden automatisch Labore oder Diagnostiktermine ausgelöst. Ziel ist es, medizinisches Personal von repetitiven, administrativen Aufgaben zu entlasten – damit mehr Zeit für die Patienten bleibt.
Andrea Buzzi: Wie stellt ihr sicher, dass euer System nicht neue digitale Bürokratie schafft?
Christian Albrecht: Indem wir Prozesse konsequent am Behandlungspfad ausrichten. Wir arbeiten mit Ärzt:innen und Pflegekräften zusammen, um die Software logisch und nutzerzentriert zu entwickeln. Statt 50 Klicks auf unterschiedliche Module gibt es eine intuitive Nutzerführung durch den Behandlungsverlauf.
Patientenportal: Digitale Vorbereitung und echte Einbindung
Andrea Buzzi: Avelios bietet auch ein Patientenportal – was kann ich als Patient damit machen?
Christian Albrecht: Du kannst online Termine vereinbaren, Fragebögen ausfüllen, Medikationspläne hochladen und bekommst personalisierte Informationen zu deiner Behandlung. All das hilft, Klinikaufenthalte effizienter und angenehmer zu gestalten – für Patienten und Personal.
Andrea Buzzi: Wie integriert ihr das Portal mit bestehenden Kliniksystemen?
Christian Albrecht: Unser System ist modular – Kliniken können unser Portal nutzen, müssen es aber nicht. Wenn sie bereits ein anderes Patientenportal haben, können wir das über unsere offenen Schnittstellen anbinden. Unsere Architektur erlaubt beides: Eigenentwicklung und Integration.
KI in der Klinik: Erste Anwendungen und große Potenziale
Andrea Buzzi: Gibt es schon konkrete Anwendungsbeispiele für KI in eurem System?
Christian Albrecht: Zwei große Bereiche: Erstens KI-basierte Spracherkennung zur strukturierten Dokumentation, die automatisch Datenpunkte in die richtige Maske einträgt – nicht bloß Sprachprotokolle. Zweitens generieren wir automatisierte medizinische Zusammenfassungen, etwa Epikrisen. Das spart enorm viel Zeit und verbessert die Verständlichkeit – auch für Patienten.
Andrea Buzzi: Ihr generiert bis zu 2.000 strukturierte Datenpunkte pro Patientenbehandlung. Was macht ihr mit diesem Datenschatz?
Christian Albrecht: Das fängt bei einfachen, aber wirksamen Dingen an – z. B. dass ein einmal erfasster Fieberwert konsistent und automatisiert weiterverwendet wird. Und es geht bis zu KI-gestützter Entscheidungsunterstützung, etwa bei Diagnosen. Die Daten bilden die Grundlage für lernende Systeme, die in Zukunft die klinische Qualität massiv verbessern können.
Zwischen Marktdominanz und Disruption: So will Avelios wachsen
Andrea Buzzi: Der KIS-Markt ist stark von DEDALUS und COMPUGROUP MEDICAL geprägt. Wie wollt ihr euch da behaupten?
Christian Albrecht: Die beiden großen Anbieter decken rund 50 Prozent des Klinikmarkts ab. Wir setzen dem eine moderne Architektur und hohe Anwenderfreundlichkeit entgegen. Gleichzeitig arbeiten wir mit erfahrenen Implementierungspartnern zusammen, um Professionalität und Skalierbarkeit zu gewährleisten. Wir sind bewusst nicht laut gegen die Etablierten, sondern zeigen mit Leistung, was anders geht.
Andrea Buzzi: Viele Kliniken haben Angst vor einem KIS-Wechsel. Wie überzeugt ihr sie?
Christian Albrecht: Indem wir aufzeigen, dass unser System Effizienzsteigerungen von über 40 Prozent bringen kann. Die Daten sprechen für sich – und die IT-Abteilungen schätzen die moderne, sichere Architektur. Es geht nicht um blindes Ersetzen, sondern um gezielten Mehrwert und langfristige Planungssicherheit.
Investorenvertrauen und Zukunftspläne
Andrea Buzzi: Ihr habt 30 Millionen Euro Kapital eingesammelt – warum haben Investoren auf euch gesetzt?
Christian Albrecht: Weil wir das „dicke Brett“ bohren und das Kernsystem neu denken. Wer das erfolgreich schafft, kann ein riesiges Potenzial heben – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch strukturell für das ganze Gesundheitssystem. Diese Kombination aus Vision, Technologie und Umsetzungskraft hat unsere Investoren überzeugt.
Andrea Buzzi: Was ist euer Ziel für dieses Jahr – Mitarbeiter, Kunden, Marktanteil?
Christian Albrecht: Wir wollen uns verdoppeln – sowohl bei Kliniken als auch im Team. Aktuell arbeiten rund 100 Menschen bei Avelios. Ziel ist, 70 weitere Kliniken zu gewinnen und auf 150 Mitarbeitende zu wachsen. Beim Marktanteil würden wir dann bei etwa 7 bis 8 Prozent liegen.
Zukunftsfähigkeit: Avelios erfüllt die Megatrends
Andrea Buzzi: Wir haben bei The Medical Network eine Zukunftsfähigkeits-Metrik. Du darfst jetzt raten, wie stark ihr laut unserer Analyse die wichtigsten E-Health-Megatrends bedient – in Prozent.
Christian Albrecht (lacht): Challenge accepted.
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Data-Driven & AI-Powered Healthcare: 95%
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Virtual & Remote Healthcare: 90%
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Patient Empowerment & Consumerization of Health: 85%
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Cybersecurity & Trust in Digital Health: 90%
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Value-Based & Sustainable Healthcare: 80%
Andrea Buzzi: Insgesamt erreicht ihr damit 90 von 100 Punkten – ein Spitzenwert! Das zeigt, dass ihr nicht nur technologisch, sondern auch strategisch gut aufgestellt seid.
Ein Krankenhaus der Zukunft – mit Avelios
Andrea Buzzi: Zum Schluss: Wie sieht ein Krankenhaus der Zukunft mit Avelios aus?
Christian Albrecht: Patienten kommen informiert und vorbereitet an. Medizinisches Personal kann sich voll auf die Versorgung konzentrieren – ohne Administrationsstress. Die Software unterstützt sie intelligent, automatisiert Standardprozesse und schafft eine vernetzte, datengestützte Versorgungslandschaft. Das ist keine ferne Utopie – sondern unsere tägliche Arbeit.
Andrea Buzzi: Vielen Dank, Christian, für das spannende Gespräch – und 40 Prozent Effizienzsteigerung sind auf jeden Fall ein Grund, sich Avelios mal genauer anzuschauen.
Anmerkung der Redaktion: Dieses Interview beruht auf dem Podcast-Interview #125: New KIS on the Block vom 24. April 2025, produziert von der PR-Agentur The Medical Network.