Stimmanalyse als Biomarker in der Medizin

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Prof. Dagmar Schuller, Gründerin und CEO von audEERING, einem führenden Unternehmen im Bereich der KI-basierten Audioanalysen, erklärt die Rolle der Stimmanalyse als Biomarker in der Medizin. Diese Technologien ermöglichen es, Gesundheitszustände aus der menschlichen Stimme abzulesen und bieten innovative Anwendungsmöglichkeiten in der Prävention und Patientenversorgung. Herzlich willkommen, Prof. Dagmar Schuller.

Von Andrea Buzzi, Podcast-Host E-Health-Pioneers, 01. Februar 2024

Stimmanalyse als Gesundheitsmonitor: Wie die Stimme zum neuen Biomarker wird

Andrea Buzzi: Frau Schuller, Sie sagen, dass die Stimme das neue Blut ist. Das klingt nach Science Fiction. Ich frage mich, ob mein Smart Home bald zum Gesundheitsberater wird. Wie nah sind wir an dieser Realität?

Prof. Dagmar Schuller: Wir sind diesem Ziel schon sehr nah. Der Satz „Die Stimme ist das neue Blut“ betont das Potenzial der Stimmanalyse als Biomarker in der Medizin. Die Stimme kann viele Informationen über unseren Gesundheitszustand liefern, da die Sprachproduktion ein komplexes biologisches System ist. Durch die Stimmanalyse können wir präventiv gegen Krankheiten vorgehen, bevor sie sich manifestieren.

Andrea Buzzi: Kann ich in Zukunft einfach eine Sprachnachricht an meinen Arzt senden, und er diagnostiziert meinen Gesundheitszustand?

Prof. Dagmar Schuller: Idealerweise ja, aber derzeit liefert die Stimmanalyse als Biomarker in der Medizin hauptsächlich Hinweise und Merkmale, die dem Arzt bei der Diagnose helfen können. Unser System ist darauf ausgelegt, auch in Zeiten ohne direkte Kommunikation dem Arzt ein umfassenderes Bild zu bieten.

Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen der Stimmanalyse in der Medizin

Andrea Buzzi: Wenn wir die Patient Journey in Prävention, Diagnostik und Therapie aufteilen, wie könnte die Stimmanalyse als Biomarker in der Medizin beispielsweise bei Demenz frühzeitig Hinweise geben?

Prof. Dagmar Schuller: Die Stimmanalyse ermöglicht einfache, nicht-invasive Sprachtests zu verschiedenen Zeitpunkten. Ein Beispiel ist der PATK-Test, bei dem das Wort „pataka“ wiederholt wird. Veränderungen in der Sprachproduktion können frühzeitig auf Anomalien hinweisen, die untersucht werden sollten.

Andrea Buzzi: Wie schnell könnten traditionelle medizinische Tests durch die Stimmanalyse ersetzt werden?

Prof. Dagmar Schuller: Die Stimmanalyse als Biomarker in der Medizin bietet viele Vorteile, darunter ständige Verfügbarkeit und die Fähigkeit, große Datenmengen zu verarbeiten. Dennoch sollten wir die Ergebnisse immer kritisch hinterfragen und nicht blind auf die KI vertrauen.

Emotionserkennung und Datenschutz bei der Stimmanalyse in der Medizin

Andrea Buzzi: Können Maschinen Emotionen verstehen, und wie würde das die Diagnose von Depressionen beeinflussen?

Prof. Dagmar Schuller: Maschinen können emotionale Zustände ähnlich wie Menschen erkennen. Unsere Technologie basiert auf psychologisch validierten Modellen und erkennt stimmliche Veränderungen, die auf eine Depression hinweisen könnten. Allerdings geben wir nur Hinweise, keine Diagnosen.

Andrea Buzzi: Gibt es allgemeingültige stimmliche Anzeichen für Depressionen?

Prof. Dagmar Schuller: Es gibt Indikatoren, aber keine universellen Anzeichen. Wichtig ist, dass unsere Technologie auf wissenschaftlichen Modellen basiert und von Experten validiert wird.

Zusammenarbeit mit DiGA-Anbietern und Zukunft der Stimmanalyse

Andrea Buzzi: Wäre die Stimmanalyse als Biomarker nicht auch ein gutes Add-on für DiGA-Anwendungen wie HelloBetter oder Mika?

Prof. Dagmar Schuller: Absolut. Wir sind bereits mit einigen DiGA-Anbietern im Gespräch. Die Stimmanalyse kann den Mehrwert dieser Anwendungen steigern, indem sie die Stimmungslage der Patienten langfristig überwacht und die Wirksamkeit der Therapien belegt.

Andrea Buzzi: Wie können Zuhörer und E-Health-Interessierte Ihre Arbeit unterstützen?

Prof. Dagmar Schuller: Wir rufen regelmäßig zu Datenspenden über unsere Plattform AI SoundLab auf. Hochwertige Daten sind essenziell für unsere Forschung und die Weiterentwicklung der Stimmanalyse als Biomarker in der Medizin.

Andrea Buzzi: Welche Chancen sehen Sie durch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) für die Stimmanalyse in der Medizin?

Prof. Dagmar Schuller: Das GDNG könnte uns helfen, die datengetriebene Medizin voranzutreiben und die Patientenversorgung zu verbessern. Eine datengestützte Medizin bietet enorme Vorteile, insbesondere in der Präzisionsmedizin.

Herausforderungen und gesellschaftliche Auswirkungen

Andrea Buzzi: Große Konzerne wie Amazon und Microsoft sind ebenfalls im Healthcare-Bereich aktiv. Müssen wir befürchten, dass sie uns technologisch überholen?

Prof. Dagmar Schuller: Große Konzerne haben Vorteile durch bessere Zugangsbedingungen und strukturelle Unterstützung. In Europa entwickeln wir jedoch Lösungen, die unseren Werten und Ansprüchen entsprechen, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz. Angst ist jedoch kein guter Berater. Wir sollten die Chancen nutzen, die diese Technologien bieten.

Andrea Buzzi: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Schuller.

Prof. Dagmar Schuller: Vielen Dank, dass ich dabei sein durfte.

Anmerkung der Redaktion: Dieses Interview beruht auf dem Podcast-Interview #99: DER NEUE BIOMARKER STIMME 01. Februar 2024, produziert von der PR-Agentur The Medical Network.