ChatGPT in der Medizin: Chancen und Herausforderungen
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Jörg Weise, Gründer des E-Health Cafés und Dozent für E-Health an der FOM Hochschule, teilt seine Einblicke in die Entwicklung und Herausforderungen von ChatGPT und Künstlicher Intelligenz in der Medizin. Er betont die Bedeutung von KI im Gesundheitswesen für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung.
Interview von Andrea Buzzi, Podcast-Host E-Health-Pioneers, 29. Februar 2024
Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen: Gut oder Böse?
Andrea Buzzi: Jörg, was hältst du von KI in der Medizin – ist sie gut oder schlecht?
Jörg Weise: Auf jeden Fall gut. Ich bin ein großer Befürworter von KI im Gesundheitswesen, denn diese Technologie bietet viele Möglichkeiten, die Gesundheitsversorgung zu verbessern.
Andrea Buzzi: Ich habe bereits mit anderen Gästen über individuelle Diagnostik gesprochen. KI ermöglicht viel mehr Analysen und Mustererkennungen. Wie weit ist die KI deiner Meinung nach im Gesundheitswesen etabliert?
Jörg Weise: Viele Ärzte und Unternehmen testen, wie sie KI im Praxisalltag nutzen können. Entscheidungsunterstützungssysteme und Chatbots sind besonders bei Krankenkassen gefragt. Eine vollständige Integration in Europa wird jedoch noch etwas dauern. Diese Systeme sind bereits im Bereich der patientenseitigen Unterstützung, wie bei Ada Health, etabliert.
ChatGPT und Symptom-Checker im Gesundheitswesen
Andrea Buzzi: Gibt es Beispiele, wo ChatGPT oder ähnliche KI-Lösungen einen Durchbruch in der Medizin darstellten?
Jörg Weise: Ja, einige seltene Erkrankungen wurden durch unsere Symptom-Checker erkannt. Diese Technologien helfen, die oft fehlende Zeit der Ärzte effizient zu nutzen und komplexe Symptome zuzuordnen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Erkennung seltener Erkrankungen, die oft übersehen werden. Unser Symptom-Checker schließt diese Lücke, indem er Patienten ermöglicht, ihre Symptome genau zu dokumentieren und analysieren zu lassen.
Andrea Buzzi: Besteht bei Symptom-Checkern nicht die Gefahr, dass Patienten ihre Symptome falsch einschätzen?
Jörg Weise: Der Unterschied zwischen Google und evidenzbasierten Technologien wie unserem Symptom-Checker liegt in der Qualitätssicherung. Unsere Schleifen stellen sicher, dass Symptome korrekt erkannt und richtige Handlungsempfehlungen gegeben werden. Unsere KI wird ständig mit den neuesten medizinischen Erkenntnissen aktualisiert, was das Risiko falscher Selbsteinschätzungen minimiert.
Gesundheitskompetenz und KI in der Medizin in Deutschland
Andrea Buzzi: Werden die Deutschen immer weniger gesundheitskompetent?
Jörg Weise: Viele Menschen wissen nicht mehr, wie sie ihre Symptome richtig einschätzen sollen. Gesundheits- und Digitalkompetenz sollten Schwerpunkte in der Gesundheitsentwicklung in Deutschland sein. Technologien wie Symptom-Checker können helfen, diese Kompetenzlücken zu schließen. Bildungsinitiativen sind notwendig, um Patienten besser zu informieren und ihnen Werkzeuge zur eigenverantwortlichen Gesundheitsverwaltung zu geben. Weitere Informationen zur Förderung von Gesundheitskompetenz findest du im Ratgeber Gesundheitskompetenz.
Die Zukunft von Symptom-Checkern und ChatGPT in der Medizin
Andrea Buzzi: Kann ein Symptom-Checker langfristig überlegen sein?
Jörg Weise: Unser Ansatz ist aktuell, da Ärzte evidenzbasierte Literatur und klinische Erfahrungen direkt einbeziehen. Der Unterschied liegt in der Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen, die bei generativen KIs wie ChatGPT oft fehlt. Unsere Technologie legt offen, auf welchen Studien und Daten die Diagnosen basieren, was sowohl Ärzten als auch Patienten Vertrauen gibt.
Internationaler Einsatz von KI und ChatGPT in der Medizin
Andrea Buzzi: In welchen Märkten wird euer Symptom-Checker besonders gut angenommen?
Jörg Weise: In den USA, wo die Gesundheitsversorgung teuer ist, werden digitale Lösungen stark genutzt. Auch in Regionen mit schlechter Gesundheitsversorgung, wie Südamerika oder der arabische Raum, sehen wir hohe Nachfrage. In den USA wird unser Symptom-Checker beispielsweise von großen Unternehmen wie Microsoft in Chatbots integriert. In Ländern wie Ecuador oder dem Mittleren Osten dient unsere Technologie oft als erste Anlaufstelle für Patienten ohne schnellen Zugang zur medizinischen Versorgung.
Andrea Buzzi: Was sind die größten Risiken beim Einsatz von KI im Gesundheitswesen?
Jörg Weise: Es muss immer jemanden geben, der die Kontrolle über die KI hat. KI darf nicht allein über Menschenleben entscheiden, kann aber Prozesse vereinfachen und die Gesundheitsversorgung effizienter gestalten. Entscheidungen, die durch KI unterstützt werden, sollten immer von Fachkräften überprüft werden, um sicherzustellen, dass die Technologie zum Wohl der Patienten eingesetzt wird.